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Happy Birthday to Cthu

Anlässlich zu H. P. Lovecrafts Geburtstag (20.08.1890) beantworten wir fünf Fragen zu unserem persönlichen Verhältnis zu dem bedeutendsten Autoren der phantastischen Horrorliteratur.

Wie bist du erstmals mit dem literarischen Erbe Lovecrafts in Kontakt gekommen?

Jasmin:

In der Schule oder besser gesagt in der Schulbücherei. Edgar Allan Poe gehörte schon recht früh zu meinen Lieblingsschriftstellern und als sich keine Bücher mehr in der kleinen Bücherecke finden lassen wollten, hat mir die hiesige “Bibliothekarin” Der Fall des Charles Dexter Ward empfohlen. Der erste Kontakt missglückte aber ziemlich und so schob ich Lovecraft über Jahre immer wieder von mir weg. Erst während des Studiums und nach etlichen schlechten Verfilmungen, die die Lust nicht unbedingt steigerten, löste sich durch Arkham Horror das Misstrauen. Fun Fact: Der Fall des Charles Dexter Ward ist mittlerweile meine Lieblingsgeschichte von Lovecraft. 

Marco:

Während meines Studiums entdeckte ich meine Begeisterung für analoge Spielwelten wieder. In diesem Sinne schlug ich mir diverse Nächte um die Ohren, um ein kooperatives, spannendes und möglichst interaktives Brettspiel für meinen Freundeskreis zu suchen. Nach unzähligen Let’s Plays (Youtube) entschied ich mich für Arkham Horror, dass uns in der Folge viele aufregende Abende des Scheiterns und Sterbens bescherte.  

Schnell wollte ich mehr zu Cthulhu und seinesgleichen wissen. Daher kaufte ich mir (versehentlich) den ersten Edeleinband zu Lovecraft beim Festa Verlag. Aber schon die erste der darin enthaltenen Geschichten faszinierte mich so sehr, dass ich mir noch am selben Abend die anderen fünf der damals erschienen Bände bestellte.

Was reizt dich an seinen Arbeiten bzw. am Cthulhu-Mythos am meisten?

Jasmin:

Schwere Frage. Warum mag man etwas? Ich mag den Cthulhu-Mythos nicht grundsätzlich. Nur weil irgendwo Cthulhu-Mythos draufsteht, hat es nicht gleich einen Pluspunkt bei mir. Lovecrafts Erzählungen gefallen mir, weil sie in meinem Kopf Bilder auslösen und das auf eine ganz besondere Art. Wenn ich als Kind ein Buch gelesen haben oder mir eines vorgelesen wurde, hat sich vor meinem inneren Auge eine Welt aufgebaut, die sich dann in Träume übertragen hat oder auch seinen Weg in meine gemalten Bilder gefunden hat. Mit dem Alter hat diese Fähigkeit leider nachgelassen.

Das hatte viel mit dem Deutschunterricht, aber auch mit dem Studium zu tun. Immer wieder die Geschichten von Autoren auf Nieren und Herz zu überprüfen, macht aus Büchern einen lästigen Gegenstand, der nicht mehr eine phantastische Welt erschafft, sondern ein dröges warum mit sich bringt. H. P. Lovecrafts Erzählung Schatten über Innsmouth hat dieses nervige Warum einfach überschattet. Als während des Studiums dann Träume im Hexenhaus analysiert wurde und die mehrheitliche Antwort, dies müsse einem kranken Geist entsprungen sein, lautete. Da konnte ich nur lächeln, denn das, was mich an Lovecraft reizt, ist die Tatsache, dass seine Werke mir den Spaß am Lesen wiedergebracht haben.

Marco:

Das ist leicht! Insbesondere an Lovecrafts Texten gefällt mir, dass seine Protagonisten im Einzelnen und die Menschen im Allgemeinen eben nur ein unbedeutendes Lichtlein am weiten Sternenhimmel sind, umgeben von so unendlich viel Finsternis, welche sie im Angesicht unumgänglicher Wahrheiten zum Scheitern zwingt. 

Gerade mit dem inhaltlichen Aspekt, sich seiner eigenen Grenzen bewusst zu werden, steht Lovecraft für mich in lobendem Kontrast zu moderner Phantastik, in der es meist darum geht, im Angesicht einer wie auch immer gearteten Herausforderung über sich selbst hinauswachsen zu müssen, um den jeweiligen Anforderungen zu genügen. Leistungsdruck, der schon im Kopf beginnt. Pervers!

Welche seiner Figuren gefallen dir besonders gut?

Jasmin:

Ich mag viele Figuren, die Lovecraft erschaffen hat. Sowohl den Hexenmeister Joseph Curwen als auch Dagon haben mir sehr viel Freude bereitet. Aber wenn ich mir nur eine Figur aussuchen dürfe, wäre es Nyarlathotep. In Filmen, Serien und Videospielen reicht manchmal eine Geste oder ein Satz und man weiß, diese Figur mag man einfach. Es ist ein wenig wie die Liebe auf den ersten Blick. So war es auch mit Nyarlathotep und mit weiteren Informationen ist er mir wirklich ans Herz gewachsen. Ich mag Geschichten, in denen er vorkommt, und meine Schwäche für Masken und das alte Ägypten haben ihn mir dann noch besonders sympathisch gemacht. Neben Lovecrafts Erfindungen sagt mir auch der Avatar von Hastur, der König in Gelb sehr zu. 

Marco:

Streng genommen ziehe ich keine Figur einer anderen vor. Allerdings habe ich ein Faible für fiese und angsteinflößende Monster aller Art. Da kommt mir der aktuelle Hype um den Cthulhu-Mythos sehr gelegen, der viele talentierte Künstler und Künstlerinnen dazu anregt, geradezu atemberaubende Illustrationen und Modelle zu kreieren. Einfach toll!

Welche Erzählungen Lovecrafts würdest du als Einstieg empfehlen?

Jasmin:

Das ist schwierig. Ehrlich gesagt werfe ich Personen, die mich danach fragen, immer gleich mit allen möglichen Erzählungen zu. Zwar sind Schatten über Innsmouth und Der Ruf des Cthulhu irgendwie Klassiker, die man kennen sollte, wenn man sich im Cthulhu-Mythos bewegt, aber ich würde sie nicht zum Einstieg empfehlen. Und auch wenn ich andere Geschichten von Lovecraft besser finde, würde ich tatsächlich zu Die Farbe aus dem All tendieren. Die Erzählung hat viele Motive, die Lovecraft immer wieder verwendet und fängt eine ganz besondere Atmosphäre ein, die dem Leser deutlich signalisieren kann, ob Lovecraft etwas für einen ist oder nicht. 

Marco:

Puh. Das ist wirklich schwierig. Viele seiner Geschichten empfinde ich als sehr gelungen, was aber nicht bedeutet, dass sie frei von Schwächen oder gar Fehlern sind. Jene erste Kurzgeschichte, die seiner Zeit meine Begeisterung für Lovecraft weckte, war Die Ratten im Gemäuer. Eine Geschichte über ein unerwartet düsteres Familienerbe, an dem der Protagonist trotz aller Bemühungen zu scheitern droht. Eine Geschichte, der es trotz ihrer Kürze gelingt, einen Bezug zur handelnden Figur aufzubauen und dabei mit atmosphärischem Tiefgang aufzuwarten. Eine Geschichte, die jederzeit zum eigenen Sinnieren und Spekulieren einlädt. Eine Geschichte nach meinem Geschmack.

Gibt es eine Verfilmung oder andere moderne Adaption, die du für wirklich gelungen hältst? Oder für völlig missglückt?

Jasmin:

Ja, es gibt beides. Als Film halte ich Die Farbe aus dem Jahr 2010 für sehr gelungen. Zwar stört es mich, dass die Geschichte in den Zeitraum des Zweiten Weltkrieges verlagert wurde, aber bei dem Film spürt man deutlich die Liebe zum Detail. Ebenso gefällt mir das Videospiel Call of Cthulhu aus dem Jahr 2018. Es hat zwar ein paar Macken, aber das Gesamtkonzept stimmt und macht Spaß. 

Was ich gar nicht gelungen finde (und nein hier kommt keiner von diesen absurden B-Movies), war die Umsetzung von H. P. Lovecraft in der Serie Supernatural. Da habe ich von der Serie einfach mehr erwartet. Supernatural steckt immer sehr viel Liebe in die mythologischen Erzählungen und auch in moderne Horrormythen wie den Slenderman, aber da hat es sich einfach hingeklatscht gefühlt, als ob die Autoren keine Lust darauf hatten. 

Marco:

Uff. Im filmischen Bereich scheint die Liste an weniger gelungenen Produktionen jedes Jahr ein bisschen länger zu werden. Vielfach gelobt wurde in der jüngeren Vergangenheit Die Farbe. Zu meinem Leidwesen habe ich sie selbst noch nicht ansehen können.

Unter den Videospielen sind es vor allem Call of Cthulhu (2018) und The Sinking City (2019), denen es gelingt, das kosmische Grauen zumindest inhaltlich ganz passabel einzufangen.

Ich selbst habe hingegen das Pen&Paper Call of Cthulhu von Chaosium bzw. Pegasus Verlag für mich entdeckt. Ein leicht verständliches, relativ regelarmes und sehr erzähllastiges Rollenspiel mit vielen potenziellen Schauerelementen. Allerdings muss man bei der Ausgestaltung seiner meist abendfüllenden Abenteuer doch schon einiges an Herzblut reinstecken, damit die Spielsitzung zu einem Erlebnis für alle Sinne wird.

 

Titelbild von Skitterphoto von Pexels.

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